Tropical Like Cyclone (Medicane)

Medicanegenese


© Meteosat 9 / Eumetsat | Medicane über der Adria
© Meteosat 9 / Eumetsat | Medicane über der Adria

Medicanes bilden eine eigene Kategorie der Stürme. Sie sind nicht immer zwangsläufig den subtropischen Stürmen zuzuordnen, sondern können auch die Transformation zu einem tropischen Sturm vollziehen.

Auslösemechanismus und Sturmentwicklung

Als Auslösemechanismus kommt in der Regel ein Cut-Off (Kaltlufttropfen) in der mittleren und oberen Troposphäre als barokliner Grundzustand in Frage, welcher aus einer instabilen amplitudenvergrößernden Trogwelle über Europa hervorgeht und sich über dem (meistens) westlichen oder zentralen Mittelmeer etabliert. Blockierende Hochdruckgebiete verleihen dem Trog dabei eine quasistationäre Cut-Off-Position.  Der gesamte Prozess bis hin zur quasistationären Position des Cut-Off führt vor allem in Verbindung mit dem saisonalen Höchsttemperaturen der Wasseroberfläche des Mittelmeeres zu einer ausreichend hohen und großflächigen Instabilität, woraufhin sich rasch Cumulonimben entwickeln und sich zu einem mesoskaligen konvektiven System (MCS) organisieren können. Die stärkste Konvektion vollzieht sich dabei unterhalb des Kaltluftzentrums, im Bereich der größten Instabilität und geringsten Windscherung. Der Höhentrog stellt weiterhin in seiner Umgebung durch leichte Hebungsvorgänge in der Luftsäule eine relativ feuchte, gesättigte Schichtung bereit. Entscheidend sind nun auch die Wassertemperaturen (Spätsommer, Herbst bis 28°C), denn über der Grenzschicht des Wasser (schmale, obere Schicht an der Wasseroberfläche) erfolgt eine Erwärmung der unteren Luftschicht durch Strahlung, ebenfalls eine Anfeuchtung durch Evapotranspiration. Zunächst erzeugt der Temperaturgradient zwischen Meeresoberfläche und 500hPa teils trockenadiabatische Temperaturabnahmen, so dass sich in Folge hoher CAPE – Werte kräftige Konvektion östlich des Trogzentrums (auf der ehemaligen Vorderseite des Troges) bildet. Der ständige nun durch die Hebung induzierte Massenabtransport führt einerseits zum bodennahen Druckfall und anderseits zum kompensierenden Nachströmen der Umgebungsluft, welche durch die Corioliskraft in eine zyklonale Rotation versetzt wird. Damit wird das Einfließen der Luft in das Tiefdruckzentrum reduziert. So ist ein schneller Luftdruckaustausch unterdrückt, sodass im Kern der Druck weiter fallen kann. Entsprechend steigen der Druckgradient sowie die Bodenwinde stetig an. In  dieser Anfangsentwicklung handelt es sich hierbei noch nicht um ein tropisches Tief. Die Einstufung in ein solches geschieht erst mit der Transformation vom Cold Core Low  zum Warm Core Low.

Transformationsprozess

Durch die von der Kondensation freigelassene latente Wärme formiert sich sukzessive in der unteren, selten auch in der mittleren bis oberen Troposphäre, ein warmer Kern (Warm Core), der den überlagerten Cold-Core entsprechend bald ersetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist ein angehender Medicane kein reines thermisches Tief, sondern eine Mischform (Hybrid), der teils thermisch von unten und dynamisch (Cut-Off-bedingt) von oben gestützt wird. Untersuchungen zu Medicanes haben allerdings ergeben, dass barokline Instabilität bei der Entwicklung und dem Fortbestand des Systems kaum bis keine Rolle spielt. Erst im weiteren Entwicklungshergang wird das Tief ein zunehmend unabhängiges quasibarotropes System in einer nahezu scherungsfreien Umgebung, das seine Energie ausschließlich aus der latenten Wärme bezieht.

 

Die Erwärmung der mittleren und oberen Troposphäre lässt im Zusammenspiel mit den Hebungsvorgängen den Luftdruck hier weiter steigen. Daraus resultiert eine Horizontaldivergenz in der Höhe mit einem gleichzeitigten verstärkten Druckfall am Boden. Teilweise treten dabei auch explosionsartige Entwicklungen (Bombogenesen) im Mittelmeer auf. Dabei sinkt der Luftdruck innerhalb von 24 Stunden um 24 hPa. So erfolgt die Entwicklung einer Mediterranean Tropical Depression zu einem Medicane bei vorherrschend günstigen Bedingungen (wenig Windscherung, ausreichend Feuchte,  warmes Oberflächenwasser usw.) innerhalb nur eines Tages. 

 

Während die aufsteigende Luft in der Höhe aus der Zyklone antizyklonal herausweht, sinken gleichzeitig im Verhältnis kleinere Lufteinheiten aus bisher noch nicht ganz geklärten Gründen durch das Sturmzentrum nach unten. Dieses Absinken bewirkt eine Erwärmung der Luft in höheren und mittleren Schichten der Troposphäre. So gibt es im Auge des Sturms lediglich aufgelockerte tiefe Bewölkung und störungsfreies Wetter.

Typischerweise durchläuft ein Medicane drei Entwicklungsphasen

Pre-eye: Bevor sich ein Auge organisieren kann ist der Sturm von starker Konvektion durchzogen. Als Folge der starken Konvektionen/Gewitter sind kräftige Regenfälle zu erwarten. In dieser Phase kann sich noch kein starker Wirbel ausbilden.

 

Stationary phase: Zum ersten Mal zeigt das System ein Auge, an dessen symmetrisch Wolkenbänder rotieren. Die Zuggeschwindigkeit des Systems ist allgemein relativ niedrig und bildet eine deutliche, zyklonale Rotation aus. Zusätzlich zu den Regenfällen intensivieren sich die Windgeschwindigkeiten im unteren Troposphärendrittel deutlich.

 

Itinerant phase: Nun bewegt sich der Medicane in eine klare Richtung mit höherer Zuggeschwindigkeit. Allgemein nimmt die Regengefahr etwas ab, wobei sich die Windgeschwindigkeiten noch weiter intensivieren.


© Welt der Synoptik | Autoren: Denny Karran und Mike Rosin