Kaltlufttropfen sind mit Kaltluft gefüllte isolierte zyklonale Wirbel in der mittleren und oberen Troposphäre, die in der Bodenwetterkarte zum Teil gar nicht oder nur in Form von geringfügig zyklonal gekrümmten Isobaren in Erscheinung treten. In Höhenwetterkarten werden Kaltlufttropfen dagegen durch geschlossene Isohypsen insbesondere in der relativen Topographie sichtbar. Detailliert untersucht und beschrieben wurden die im Durchmesser zwischen 500 und 1000 km großen und frontenlosen Höhenzyklonen erstmals in den 1930er, als der Ausbau des aerologischen Messnetzes weiter vorangeschritten war.
5°C
Der Temperaturunterschied zwischen dem Zentrum des Höhentiefs und der umgebenen Luftmasse
beträgt in der mittleren Troposphäre häufig 5°C und mehr. Die Temperatur des Höhentief selbst liegt in 500 hPa oftmals bei unter minus 30°C.
Starke Kaltlufttropfen entstehen durch sogenannte Abschnürprozesse (Cut-Off-Prozesse) von nach Süden vordringenden Höhenkaltluftzungen subpolaren oder polaren Ursprungs. Genaugenommen tropft bei einem Cut-Off-Vorgang ein amplitudenvergrößernder Höhenkurzwellentrog ab. Zuvor wird dieser meist von zwei Höhenrücken in die Zange genommen. Die Entstehung eines Kaltlufttropfens steht also häufig mit (kräftigen) dynamischen Antizyklonen im Zusammenhang. Daher ist das Bodendruckfeld in den meisten Fällen auch antizyklonal geprägt, während in der Höhe Tiefdruckeinfluss herrscht.
Besonders starke Kaltlufttropfen, die es im Winter über dem Kontinent zu finden gibt, können zu einer Blockierung der Westdrift führen und im Einflussgebiet den Witterungscharackter über einen längeren Zeitraum bestimmen.
Schwache Kaltlufttropfen sind Relikte sterbender Tiefdruckgebiete, die sich reibungsbedingt von unten nach oben auflösen und somit in der Höhe zeitweise eine zyklonale Restrotation übrigbleibt.
Die Bewegung von Kaltlufttropfen ist zunächst einmal recht schwierig vorherzusagen. Nichtsdestotrotz aber ist bekannt, dass sie sich in Richtung der Kaltluftadvektion verlagern. Durch die
vorderseitige Kaltluftadvektion erfolgt in der Höhe bedingt durch das Absinken ein Druckfall mit positiver Vorticity. In dieses Gebiet wandert der Kaltluftlufttropfen und wird dabei durch die
rückseitige Warmluftadvektion, die zu einem Druckanstieg in der Höhe führt, sogar noch „angeschoben“. Abb. 1 zeigt die Regionen der unterschiedlichen Temperaturadvektionen i Bezug auf einen
beispielhaften Kaltlufttropfen.
70%
Kaltlufttropfen bewegen sich aufgrund der Bodenreibung mit etwa 70% der Geschwindigkeit des
Gradientwindes in Bodennähe. Mitunter kann auch selbst der Reibungswind herangezogen werden. Die Bewegungsrichtung entspricht dabei in etwa dem Verlauf der Bodenisobaren, wobei eine leichte
Tendenz zum tiefen Druck zu beobachten ist.
Das einfachste Werkzeug zur Bestimmung der Verlagerung eines Kaltlufttropfens ist in der Praxis die Bodendruckverteilung in den Bodenwetterkartenanalysen. Dies setzt natürlich voraus, eine entsprechende Höhenwetterkarte zur Lokalisierung des Kaltlufttropfens über die Bodendruckverteilung zu legen. Dann ist aber unbedingt wichtig, sich die Druckverteilung bzw. den Druckgradienten direkt unterhalb des Kaltlufttropfens anzuschauen, den dieser ist entscheidend für die Verlagerung des Höhentiefs. Ist der Gradient extrem schwach, dann wird auch die Verlagerungsprognose äußerst schwierig. Dass dann der Kaltlufttropfen auch umherzuirren beginnt, ist keine Seltenheit.
Das Wetter im Einflussbereich eines Kaltlufttropfens ist sehr vielseitig. Im Sommer ist aufgrund der Warmluftadvektion auf der Rückseite des Höhentiefs manchmal mit Dauerregen zu rechnen. Im Zentrum selbst kommt es wegen des großen Temperaturunterschiedes zu zum Teil heftigen Schauern und Gewittern, die in der kalten Jahreszeit zwar auch auftreten, aber wesentlich schwächer ausfallen. Dafür aber kann sich rückseitig ein Dauerschneefallgebiet mit ergiebigen Neuschneemengen bilden. Besonders die winterlichen kontinentalen Kaltlufttropfen sind sehr groß und äußert beständig. Warme Luftmassen, die zum Abbau des Tropfens führen, fehlen. Diese starken Kaltlufttropfen blockieren die Westdrift und verursachen auch in Mitteleuropa hin und wieder eine sehr kalte Witterung.
Autor: Denny Karran | Veröffentlicht am 09.11.2015 | © Welt der Synoptik