Hinweise für tornadoträchtige Wetterlagen


Tornados lassen sich zeitlich und räumlich nicht vorhersagen. Selbst eine erkannte Superzelle ist kein Indiz für einen Tornado, da nur etwa jede vierte Superzelle einen Tornado generiert. Tornados sind also unberechenbar. Und dennoch es gibt - neben dem Vorhandensein einer Superzelle -  Voraussetzungen, die für die Tornadogenese unbedingt notwendig sind. Entsprechende und zu berücksichtigende Parameter für die "Vorhersage" tornadoträchtiger Wetterlagen werden hier vorgestellt. Sind alle Bedingungen erfüllt, dann ist zumindest die Wahrscheinlichkeit für Tornados im betroffenen Gebiet groß.

Hohe CAPE, auch in niedrigen Niveaus

 

Allgemein ist resultierend aus einer starken „lapse rate“ eine hohe potentielle Instabilität und eine hohe CAPE (auch in niedrigen Niveaus) notwendig. Die Instabilität kann auch moderat sein, wenn demzufolge die Windscherung hoch ist. 0-3 CAPE ist für die Tornadogenese scheinbar wichtiger als MLCAPE.

 

Hohe bodennahe Feuchte

 

In der Summe werden die meisten Tornadotouchdowns mit hohen bodennahen Feuchten in Verbindung gebracht. Somit sollten die Taupunkte weit über den Werten liegen, die für die Gewitterentwicklung von Bedeutung sind. 15 Grad und mehr sollten als Orientierung angesetzt werden.

 

Dynamischer Antrieb

 

Tornadolagen (hauptsächlich mesozyklonale Tornadolagen) stehen oft mit synoptischen und mesoskaligen dynamischen Hebnungsporzessen im Vorfeld von Sturmtiefdruckgebieten in Verbindung. Trigger sind in Mitteleuropa meist Bodenkonvergenzen, Kaltfronten oder Höhentröge.

Abb. 1 | Typische Großwetterlage, die die Bildung von mesozyklonalen Tornados insbesondere in der warmen Jahreszeit begünstigt. Deutschland liegt idealerweise auf der Vorderseite eines kräftigen Tiefdruckgebietes. | Bildquelle: Deutscher Wetterdienst
Abb. 1 | Typische Großwetterlage, die die Bildung von mesozyklonalen Tornados insbesondere in der warmen Jahreszeit begünstigt. Deutschland liegt idealerweise auf der Vorderseite eines kräftigen Tiefdruckgebietes. | Bildquelle: Deutscher Wetterdienst

Niedrige Wolkenuntergrenzen

 

In der Regel ist die Tornadogefahr (Touchdown) am größten, je tiefer die Wolkenbasen sind. Eigene Falluntersuchungen haben gezeigt, dass die Basen nicht mehr als 1000 Meter über Grund liegen sollten. Bei dem Tornado in Hessen am 23.08.2010 im Landkreis Gießen und in der Gemeinde Schlüchtern lag das Hebungskondensationsniveau in den Abendstunden nach Auswertungen der umliegenden Radiosondenstationen Meiningen und Idar-Oberstein zwischen 700 und 800 m. Das setzt natürlich auch hohe Taupunkte voraus, die zwischen 17 und 18 Grad lagen. Bei dem Tornadofall in Cörmigk (Sachsen Anhalt) am 11. September 2011 lag das Hebungskondensationsniveau bei etwa 1000 m.

 

Auch zeigen mehrere Funnelsichtungen am Abend des 10. Mai 2012 in NRW die Wichtigkeit der Höhe der Wolkenbasen. Der Mittagsradiosondenaufstieg von Essen zeigte bereits schwache CAPE-Werte zwischen 200 und 300 J/kg und eine recht beeindruckende SRH (0-3) von nahe 400 m²/s². Die Low Level Shear betrug etwa 35 kn, was mehr als 17 m/s entspricht. Die Deep Layer Shear (0-6 km) wies Werte von 40 kn, entsprechend 20 m/s auf. Ebenfalls war ein Veering von etwa 70° in den unteren 1000 m zu beobachten. Am Abend lief in dieses Scherungsgebiet eine Kaltfront mit teilweise kräftigen Gewittern. Dabei wurden mehrfach Funnelentwicklungen beobachtet. Informationen über einen Touchdown liegen nicht vor. Zwar hat die Scherung für die Entwicklung einiger Mesozyklonen und Funnels gereicht, trotzdem aber konnten diese aufgrund der recht hohen Wolkenbasen von teils 1100 bis 1500 m den Boden nicht erreichen.

 

Hohe Windscherung / Storm Relative Helicity

 

Die Tornadogenese erfordert vor allem in der Grenzschicht kräftige Scherungen (horizontale Vorticity). Ein hohe Scherung oder Helizität im Sinne niedertroposphärischer Warmluftadvektion, d. h. Rechtsdrehung des Windes mit der Höhe, korreliert mit einer eventuellen hohen Rotationsgeschwindigkeit des Tornados. Unregelmäßigkeiten in der Topographie können durch Windscherung oder Konvergenz die Tornadoentwicklung sogar fördern.

Untersuchungen haben gezeigt, dass für die Tornadoentwicklung die SRH im Low Level (0 bis 1 km) völlig ausreichend ist. So spielt bei der Tornadovorhersage die Storm Relative Helicity (SRH) in den unteren 1000 m eine wichtige Rolle (Rasmussen 2003). Dabei sind Werte von mehr als 150 m²/s² notwendig, wobei hier 120 m²/s² als guter Grenzwert zwischen tornadischen und nicht-tornadischen Superzellen dient. Auch die Betrachtung der SRH bis 3 km kann sehr hilfreich sein. Treten hier mehr als 250 m²/s² auf, sind F1 + Tornados möglich. Viele Tornados treten in Verbindung mit einem kräftigen Veering auf. Das Scherungsfeld wird dabei generell von Tiefdruckgebieten hervorgerufen.

 

Erhöhter CIN

 

Studien zeigen, dass schwere Tornadoausbrüche mit einem erhöhten CIN von etwa - 21 Joule (Rasmussen und Blanchard 1998; Rasmussen 2003) zusammenhängen. Es wird angenommen, dass ein erhöhter CIN die Auslöse verbreiteter Gewitter und größerer Cluster verhindert. Somit bleibt einer einzelnen Superzelle ein größeres potentielles Energiefeld zur Verfügung. Läuft die CIN gegen null, dann nimmt die Wahrscheinlichkeit für tornadobringende Superzellen ab.


Potentielle Tornados lassen sich letztendlich nur zeitnah mit einem extrem hoch aufgelösten Dopplerradar erkennen! Häufiger jedoch ist das Vorhandensein einer Mesozyklone zu beobachten. Dabei ist aber zu beachten, dass weit weniger als 10 % der erkannten Mesozyklonen tatsächlich einen Tornado hervorbringen. In den USA hat das frühzeitige Warnen vor Tornados höchste Priorität. Dabei liegt die Vorwarnzeit bei etwa 8 bis 13 Minuten.


© Welt der Synoptik | Autor: Denny Karran