Meteorologische Grundlagen

Corioliskraft - Wirkung auf Luftbewegungen


"Einmal angenommen, es gäbe keine Erdrotation und ein beliebiges Luftpaket würde sich vom Breitengrad φ senkrecht zum Breitengrad φ+ ∆φ bewegen, so würde das Luftpaket keine Ablenkung erfahren und sich geradlinig bewegen. Da unsere Erde aber rotiert, werden Luftpakete auf dem Weg zu einem anderen Breitengrad immer abgelenkt, es wirkt die sogenannte Corioliskraft."

Um die Corioliskraft im weiteren Verlauf besser zu verstehen, soll zuerst das Verhalten der Rotationsgeschwindigkeit ω erklärt werden. Die jeweilige Rotationsgeschwindigkeit an einem Ort, die auf ein Teilchen wirkt, ist abhängig vom Breitengrad. Vergleicht man ein Teilchen nahe dem Äquator und ein Teilchen, das sich nahe dem Pol befindet, so besitzt das Teilchen am Äquator eine höhere Rotationsgeschwindigkeit als das Teilchen am Pol. Bei einer Umdrehung um die Achse muss das Teilchen am Äquator eine längere Strecke in Folge einer größeren Entfernung zur Rotationsachse zurücklegen als jenes Teilchen am Pol. Um in der gleichen Zeit eine Umdrehung um die Achse durchzuführen, muss das Teilchen am Äquator eine größere Geschwindigkeit besitzen um die längere Strecke zu kompensieren. Das Teilchen am Pol kann sich aufgrund der geringeren Strecke mehr Zeit lassen, besitzt also eine kleinere Rotationsgeschwindigkeit.

Süd-Nord-Bewegung auf der Nordhalbkugel

Ein auf der Erde ruhendes Luftpaket am Punkt A besitzt in einem erdunabhängigem Bezugssystem wie der Sonne eine Geschwindigkeit, die der Rotationsbewegung der Erde für den jeweiligen Breitengrad entspricht. Bewegt sich nun ein Luftpaket auf der Nordhemisphäre nach Norden (meridionale Bewegung), so bewegt es sich in ein Gebiet mit höherem Breitengrad φ + ∆φ. Ohne die Erdrotation käme es am Punkt B an, es würde sich einfach auf einer Geraden nach Norden bewegen. Das Vorhandensein der Erdrotation und damit auch der Corioliskraft lenkt das Luftpaket trotz vermeintlich gerader Bewegung nach Norden allerdings nach rechts zum Punkt C ab. Die Erklärung für diese Ablenkung ist recht einfach, die Ablenkung kann mit den verschiedenen Rotationsgeschwindigkeiten erklärt werden. Das Teilchen besitzt am Punkt A eine Rotationsgeschwindigkeit ω entsprechend dem Breitengrad, ein Teilchen am Punkt B oder auch ein Teilchen am Punkt C auf dem Breitengrad φ + ∆φ besitzt eine kleinere Rotationsgeschwindigkeit als das Teilchen am Punkt A. Mit der Bewegung von Punkt A zum Punkt B behält das Teilchen auf der gesamten Strecke seine Rotationsgeschwindigkeit ω aufgrund der Trägheit bei, jene Rotationsgeschwindigkeit wird auf der Reise durch höhere Breitengrade immer größer sein als die Rotationsgeschwindigkeit der umgebenden Teilchen, da die umgebenden Teilchen auf einem höheren Breitengrad liegen und damit immer eine niedrigere Rotationsgeschwindigkeit besitzen. Die Rotationsgeschwindigkeit der Erde wirkt immer nach Osten, so erhält das Teilchen von Punkt A immer eine höhere Geschwindigkeit, die nach Osten. Die größere Rotationsgeschwindigkeit lenkt das Teilchen also immer weiter nach Osten, also nach rechts ab. Auf der Südhemisphäre passiert das Gegenteil, das Teilchen wird nach Westen abgelenkt, da das Teilchen auf einer Süd-Nord Bewegung einen niedrigeren Breitengrad ansteuern würde.

Nord-Süd-Bewegung auf der Nordhalbkugel

Nach dem gleichen Prinzip bewegt sich ein Teilchen auf der Nordhemisphäre von Norden nach Süden. Das Teilchen startet von Punkt A auf dem Breitengrad φ mit der Rotationsgeschwindigkeit ω senkrecht nach Süden, dabei besitzt es im Vergleich zur Umgebung eine kleinere Rotationsgeschwindigkeit. Aufgrund der Trägheit behält es seine Rotationsgeschwindigkeit ω vom Breitengrad φ bei, die Rotationsgeschwindigkeit der umgebenden Teilchen ωu > ω auf der Reise zum Breitengrad φ + ∆φ nimmt zu. Ein umgebendes Teilchen wird in Folge der höheren Rotationsgeschwindigkeit ωu > ω immer stärker nach rechts abgelenkt, als das von A gestartete Teilchen mit ω. Effektiv wird das Teilchen von Punk A weiter links ankommen, als wenn es sich ohne Rotationsgeschwindigkeit senkrecht nach Süden bewegt hätte. Es wird also auch hier entsprechend der Bewegungsrichtung nach rechts abgelenkt.

West-Ost-Bewegung auf der Nordhalbkugel

Unteres Bild: Sobald sich ein Teilchen zonal entlang des Breitengrades nach Osten bewegt, addiert sich seine Geschwindigkeit u im Bezugssystem Erde zur jeweiligen Rotationsgeschwindigkeit v = Ω * r des Breitengrades. Oberes Bild: Ein ruhendes Teilchen auf dem Breitengrad φ besitzt zwar im Bezugssystem der Erde keine Geschwindigkeit, besitzt aber im Bezugssystem Sonne die Rotationsgeschwindigkeit der Erde v = Ω * r. In beiden Fällen wirkt eine Zentrifugalkraft auf das Teilchen, da das Teilchen um die Erdachse rotiert. Der Betrag der Zentrifugalkraft ist jedoch im bewegten Fall größer als im ruhenden Fall, da sich zu der Rotationsgeschwindigkeit u noch eine Geschwindigkeit v addiert. Das heißt, je schneller sich ein Teilchen zonal entlang des Breitengrades nach Osten bewegt, desto schneller ist seine Geschwindigkeit v, desto größer ist der Betrag der Zentrifugalkraft und desto stärker wird es nach Süden, entsprechend der Bewegungsrichtung nach rechts abgelenkt.

Ost-West-Bewegung auf der Nordhalbkugel

Das gleiche Prinzip wirkt auch bei einer Bewegung von Osten nach Westen, auch hier wird das Teilchen nach rechts abgelenkt. Im ruhenden Zustand wirkt auf ein Teilchen wieder eine Zentrifugalkraft, die in Folge der Rotationsgeschwindigkeit der Erde hervorgerufen wird. In Bewegung nach Westen entlang eines Breitengrades besitzt ein Teilchen im Gegensatz zum ruhenden Fall eine geringere Gesamtgeschwindigkeit, hier zeigt zwar der Vektor der Rotationsgeschwindigkeit mit dem gleichen Betrag auch nach Osten, allerdings zeigt der Vektor der Momentangeschwindigkeit nach Westen, so dass die Momentangeschwindigkeit von der Rotationsgeschwindigkeit subtrahiert werden muss um die Gesamtgeschwindigkeit zu erhalten. Mit einer geringeren Gesamtgeschwindigkeit wirkt nun eine geringe Zentrifugalkraft auf das Teilchen, die Zentrifugalkraft ist immer proportional zur Geschwindigkeit. Das Teilchen wird also weniger stark nach Süden abgelenkt als jenes Teilchen im ruhenden Zustand. D.h. aber auch, dass das Teilchen im Vergleich zu einem Teilchen mit weniger Geschwindigkeit immer weiter nördlich ankommen wird und somit eine Ablenkung nach rechts erfährt. Auf der Nordhemisphäre wird ein Teilchen oder Luftpaket in Bewegung von der Corioliskraft immer nach rechts abgelenkt, auf der Südhemisphäre wird ein Luftpaket in Bewegung immer nach links abgelenkt.


© Welt der Synoptik | Autor: Mike Rosin