Wetterereignisse 2012

Oktober: Rekordwärme auf den Bergen Süddeutschlands


© Welt der Synoptik | Oktober: Rekordwärme auf den Bergen Süddeutschlands
© Welt der Synoptik | Oktober: Rekordwärme auf den Bergen Süddeutschlands

Zusammenfassung

 

Sommer im Oktober ist in Deutschland nichts Ungewöhnliches und so wurden in der Vergangenheit besonders in der Mitte und im Süden des Landes immer mal wieder Höchstwerte zwischen 25 und 27°C gemessen. In der zweiten Oktoberdekade 2012 aber strömte nach einer wechselhaften ersten Monatshälfte, wie bereits im August 2012, nordafrikanische Warmluft Richtung Mitteleuropa. Dies führte vor allem in der Höhe zu einer positiven Anomalie zwischen 10 und 15°C. Der abnehmende Sonnenstand sowie die negative Strahlungsbilanz bei gleichzeitiger Subsidenz und Warmluftadvektion in der Höhe führten aber zu keinem Durchdringen der Warmluft bis zum Boden. Nichtsdestotrotz aber konnten auf den Bergen Süddeutschlands, der Schweiz sowie in Österreich neue Oktober-Wärmerekorde registriert werden.


© wetter3.de | Kräftige und großräumige thermische Advektionsprozesse infolge der nordatlantischen Austrogung am Donnerstag, dem 18. Oktober 2012 um 00 UTC.
© wetter3.de | Kräftige und großräumige thermische Advektionsprozesse infolge der nordatlantischen Austrogung am Donnerstag, dem 18. Oktober 2012 um 00 UTC.

Synoptische Entwicklung

 

Ursache für die Oktoberwärme war das Tief "Tavinia", das sich auf der Vorderseite eines Kurzwellentroges in der Nacht zum Dienstag, dem 16. Oktober 2012 über dem Nordatlantik bildete und sich bis Donnerstag, dem 18. Oktober 2012 als quasistationäres Tief etwas westlich von Irland etablierte. Rückseitig strömte maritime Subpolarluft über den Nordatlantik mit rascher Erwärmung in tiefen Schichten Richtung Süden bis zu den kanarischen Inseln, wo am 19. Oktober 2 bis 3°K niedrigere Höchsttemperaturen im Vergleich zum Vortag registriert werden konnten. Diese Kaltluftadvektion führte zu einer Amplitudenvergrößerung des nordatlantischen Haupthöhentroges bei gleichzeitiger Abnahme der Wellenlänge, welche wiederum durch den in die Westwindzone eingedrungenen ehemaligen tropischen Wirbelturm "Rafael" gefördert wurde.

 

Mit der weiteren Austrogung drehte die Strömung über Süd- und Mitteleuropa zurück, sodass in der Höhe mit kräftiger Advektion die nordafrikanische Warmluft weit nach Norden transportiert werden konnte. Damit befand sich Deutschland ungewöhnlich weit südlich der Hauptfrontalzone, die sich von Neufundland über Südgrönland und Finnland bis in den Norden Russlands erstreckte. Während sich über Deutschland beständiges Wetter etablierte, führten über Südwesteuropa die gegensätzlichen Temperaturadvektionen zu einer meridionalen Frontogenese, die am Donnerstagabend von Marokko über Spanien bis nach Nordwestfrankreich ihren Höhepunkt erreichte. Die immer wieder zu wellen neigende strömungsparallele Luftmassengrenze brachte besonders bis zum Sonntagmorgen über Nordostspanien starke Regenfällen. Teilweise fielen 100 mm in 24 Stunden.

Höchsttemperaturen vom 19. Oktober 2012. Markierte Stationen stellten neue Oktoberrekorde auf.
Höchsttemperaturen vom 19. Oktober 2012. Markierte Stationen stellten neue Oktoberrekorde auf.

Temperaturtechnisch wurde der Höhepunkt über Deutschland am Freitag, dem 19. Oktober 2012 erreicht. Radiosondenaufstiege aus Stuttgart und München zeigten um 14 Uhr in 850 hPa (ca. 1500 m über NN) für diese Jahreszeit außergewöhnlich hohe Temperaturen von 20°C. Die 15°C-Isotherme verlief dabei von der Eifel nordostwärts bis zur Lüneburger Heide und weiter ostwärts über Nordbrandenburg hinweg. Im äußersten Nordwesten erreichten die Werte zum gleichen Zeitpunkt 11 bis 13°C.

 

Am Boden wirkte sich die Höhenwarmluft gar nicht aus. Vorhandene Absinkinversionen, die durch die Warmluftadvektion in der Höhe und durch die nächtliche bodennahe Ausstrahlung sogar noch verstärkt wurden, ließen ein Durchbrechen der Warmluft bis zum Erdboden nicht zu. Stattdessen kam es zu einer erheblichen Unterbrechung der normalen Temperaturabnahme mit der Höhe (Inversionslage). Als Folge wurden, im Alpenvorland durch eine leichte Föhnströmung begünstig, im Bergland teilweise höhere Temperaturen als am Boden registriert und Allzeitrekorde für den Oktober gebrochen. In Quedlinburg (nördlicher Harzrand) und Bad Kohlgrub-Rosshof (nördlich von Oberammergau) stiegt das Quecksilber mit 28,1°C neue Oktober-Spitzenwerte (DWD).

© Welt der Synoptik | Spätsommerfeeling in Wien.
© Welt der Synoptik | Spätsommerfeeling in Wien.

Auch in der Schweiz, Liechtenstein und  Österreich wurden während der Wärmewelle Oktoberrekorde gebrochen. So erreichte Vaduz mit 29 Grad sowie Altdorf mit 28.6 Grad einen neuen Oktober-Rekordwert.  An beiden Stationen stammte nach Angaben der MeteoSchweiz der bisherige Rekord aus dem Oktober 2006. Bei einer sehr ähnlichen Wetterlage wurden damals 28.8 Grad (Vaduz), bzw. 27.5 Grad (Altorf) erreicht. Auch der Engelberg in gut 1000 Metern Höhe vermeldete mit 24.9 Grad einen neuen Rekord. In Österreich meldeten beispielsweise der Feuerkogel mit 22,7°C und der Loferer Alm mit 22.2°C neue Rekorde. Beide Stationen liegen in etwas mehr als 1600 Metern Höhe.

© Welt der Synoptik | Spätsommerfeeling in Frankfurt am Main.
© Welt der Synoptik | Spätsommerfeeling in Frankfurt am Main.

Am Wochenende stellte sich, nachdem sich der nordostatlantische Trog dank der starken positiven Temperaturadvektion des außertropischen Sturms "Rafael" zunehmend auffüllte, nahezu deutschlandweit Spätsommerfeeling ein. Gestützt wurde das antizyklonale Strömungsmuster über Mitteleuropa durch ein flaches Cut-Off-Tief über Südosteuropa und dem Tief "Rafael", das sich bis dahin ebenfalls achsensenkrecht unter einem abgeschünrten Höhenkaltluftgebiet plazierte.

 

In der folgenden Woche hielt sich die Höhenwarmluft in abgeschwächter Form. Mit zunehmender bodennaher Feuchteadvektion breitete sich Nebel und Hochnebel aber weiter aus und löste sich gebietsweise ganztags nicht mehr auf. Erst zum Ende der Woche brachte eine markante Kaltfrontpassage einen Luftmassewechsel und kurzzeitig Winterwetter.


© Welt der Synoptik | Autor: Denny Karran, geschrieben am 03. November 2012