Wetterereignisse 2012

Hurrikan "Sandy"


© NASA’s Earth Observatory | Hurrikan "Sandy" vor der Ostküste der USA
© NASA’s Earth Observatory | Hurrikan "Sandy" vor der Ostküste der USA

Zusammenfassung

 

Hurrikan "Sandy" geht nach Angaben des NHC (National Hurricane Center) als zweitgrößtes tropisches System über dem Atlantik in die meteorologischen Geschichtsbücher ein. Zeitweise erreichte der Sturm einen Durchmesser von 1866 km. Dabei war die Größe des Sturmsystems genauso beeindruckend wie die überraschende Intensivierung kurz vor dem Landfall. So fiel der Kerndruck am Montagnachmittag (29. Oktober 2012) Ortszeit auf 940 hPa. Damit wurde der niedrigste Luftdruck eines den Nordosten der Vereinigten Staaten erreichenden atlantischen Sturmtiefs erfasst. Den ehemaligen Allzeitrekord stellte der sogenannte „Long Island Express“ (New England Hurricane) aus dem Jahre 1938 mit einem Kerndruck von 946 hPa auf. Auch die Sturmflut brach Rekorde. Der National Ocean Service vermeldete im Battery Park in New York City Montagabend 21:24 Ortszeit eine Flut von 4,23 Metern. 3,05 Meter waren es bei dem Hurrikan Donna im Jahre 1960. Darüber hinaus wurden vor dem New Yorker Hafen von Bojen Wellen mit einer Höhe von nahe 10 m registriert. In 15 Bundesstaaten waren laut BBC, nach Zusammenstellung aller Zahlen der lokalen Stromversorger, 7,5 Millionen Haushalte ohne Strom. In New York City wurden Spitzenböen bis 128 km/h erfasst. Die stärkste auf dem Land gemessene Böe erreichte 145 km/h. Insgesamt sind bei dem Sturm 285 Menschen ums Leben gekommen.

© NOAA | Analyse zum Sturm „Sandy“ am 28. Oktober 2012 um 08:13 UTC
© NOAA | Analyse zum Sturm „Sandy“ am 28. Oktober 2012 um 08:13 UTC

Chronologische synoptische Entwicklung (in MESZ/MEZ)

 

Das tropische Tief Nummer Achtzehn entstand aus einer tropischen Welle im Bereich einer stark konvergierenden Bodenströmung am Montag, dem 22. Oktober 2012 gegen 17:00 MESZ über dem südwestlichen Karibischen Meer. Sechs Stunden später erreichte das quasistationäre Tiefdruckgebiet in einer barotropen Umgebung und bei Wassertemperaturen von 29°C die Intensität eines tropischen Sturms, welcher vom National Hurricane Center in Miami "Sandy" getauft wurde. Zu diesem Zeitpunkt erreichte "Sandy" Mittelwinde von 65 km/h bei einem Kerndruck von 999 hPa.

 

Im Laufe des Dienstags, dem 23. Oktober 2012 setzte sich das Sturmsystem langsam nordwärts Richtung Jamaika in Bewegung und verstärkte sich über wärmerem Wasser weiter. So ging der Kerndruck tagsüber noch einmal um 10 hPa zurück.

 

Über dem nun knapp 31°C warmen Oberflächenwasser erreichte "Sandy" am Mittwoch, dem 24. Oktober 2012 gegen 17:00 MESZ mit Windgeschwindigkeiten von 130 km/h und einem Kerndruck von 973 hPa Hurrikanstärke. Drei Stunden später erfolgte bei gleichbleibender Intensität der Landfall an der Südostküste Jamaikas. Kingston registrierte Mittelwinde von 70 km/h. "Sandy" war der erste Hurrikan seit 24 Jahren mit Landfall auf Jamaika. Letztmalig erreichte Hurrikan "Gilbert" die Insel im September 1988.

 

Weiter nordwärts ziehend wurde das Sturmauge am Donnerstag, dem 25. Oktober 2012 gegen 02:00 MESZ zwischen Jamaika und Kuba lokalisiert. Um 06:30 MESZ erfolgte aufgrund der rapiden Windzunahme auf 175 km/h die Heraufstufung "Sandys" zu einem Hurrikan der Kategorie 2. Der Luftdruck ging auf 957 hPa zurück. Nur eine Stunde später erreichte "Sandy" Kuba in der Nähe von Santiago de Cuba. An der selbigen Station wurden Mittelwinde von 126 und Spitzenböen bis 183 km/h gemessen. "Sandy" überquerte Kuba innerhalb von etwa 5 Stunden und schwächte sich dabei etwas ab. Am Donnerstagabend näherte sich "Sandy" den Bahamas und zog folgend zwischen Long Island und den Great Exuma Isands in nördliche Richtung.

 

Freitagfrüh, 26. Oktober 2012, tangierte die etwas schwächere "Sandy" mit Mittelwinden von 150 km/h und einem Kerndruck von 968 hPa die Eleuthera Islands. Gegen 08:00 MESZ wurde "Sandy" auf die Kategorie 1 zurückgestuft.

 

"Sandy" sind auf dem Weg durch die Karibik knapp 70 Menschen zum Opfer gefallen. Der Gesamtschaden wird auf mehrere Hundert Millionen USD geschätzt.

 

Am Samstag, dem 27. Oktober 2012 gegen 11:00 MESZ schwächte sich "Sandy" zu einem tropischen Sturm ab, behielt aber ein sehr großes Sturmfeld bei. Bereits drei Stunden später aber konnten die Hurricane Hunters abermalig Winde in Hurrikanstärke registrieren, sodass eine erneute Heraufstufung zu einem Hurrikan der Kategorie 1 erfolgte. Winde in Sturmstärke wurden in einem Umkreis von mehr als 700 km vom Sturmzentrum entfernt registriert. Langsam wurde eine schwere Sturmlage zu Beginn der neuen Woche für die Ostküste der Vereinigten Staaten als wahrscheinlich eingeschätzt, sodass am späten Abend unserer Zeit für die sogenannten Mid-Atlantic States Starkwindhinweise und Warnungen herausgegeben wurden.

 

In der Nacht zu Sonntag, dem 28. Oktober 2012 wurden Hinweise und Warnungen bis New England erweitert und insbesondere auf eine signifikante Sturmflut aufmerksam gemacht. Während der parallelen Zugbahn zu der Ostküste verstärkte sich "Sandy" am Sonntag erneut. So wurde um 13:00 MEZ ein Kerndruck von 951 hPa (Druckfall von 9 hPa/3Stunden) gemessen. Die Mittelwinde erreichten nach wie vor 120 km/h. Zudem warnte das National Hurricane Center nun vor einer lebensbedrohlichen Sturmflut an der mittleren Atlantikküste bis nach New England sowie im Hafen der Millionenmetropole New York City. Das Sturmfeld erstreckte sich derweil über eine Fläche sechsmal so groß wie Deutschland.

 

Grund für diese weitere Intensivierung war die begonnene Interaktion des tropischen Wirbelsturms mit außertropischen Wettersystemen sowie das noch immer recht warme Oberflächenwasser von bis zu 27°C. So näherte sich "Sandy" zum Sonntag zunehmend einer baroklinen Zone vorderseitig einer langwelligen Austrogung über dem mittleren Westen der Vereinigten Staaten. Damit setzte so langsam die Transition von "Sandy" zu einem außertropischen Sturmtief ein. 

 

Das gigantische Zirkulationsfeld von "Sandy" transportierte zudem am äußersten Westrand des Sturms die zum Trog gehörige Kaltluft gen Golf. Damit schwächte sich die Barotropie südöstlich und südlich des Sturmrandes bei gleichzeitiger auflebender zonaler Jetströmung zunehmend ab. Die mit dem Sturm weit nach Norden und Nordosten verfrachtete tropische Warmluft führte über den Oststaaten ebenfalls zu einer Intensivierung der dortigen baroklinen Zone, sodass hier die meridionale Jetströmung aktiviert wurde. Auch wenn "Sandy" sich nicht direkt im Einflussbereich der hochtropischen Divergenzströmungen befand, so zeigten diese dennoch Wirkung auf die weitere bodennahe Tiefdruckentwicklung.

 

Denn die hochtroposphärische Strömungskonstellation förderte die weitere Vertiefung des Wirbels im Laufe des Montags, dem 29. Oktober 2012. Gleichzeitig verlor "Sandy" mehr und mehr die optischen Eigenschaften eines tropischen Sturms, wenngleich ein warmer Kern nach wie vor vorhanden war. Dennoch bezog "Sandy" nun ihre Energie aus der baroklinen Instabilität und kann daher als Hybridsturm eingestuft werden. Am Abend um 21:00 MEZ registrierten die Hurricane Hunters einen Kerndruck von 940 hPa sowie Mittelwinde von 150 km/h. Bis zu diesem Zeitpunkt erreichte die wirkungsreiche Höhenströmungskonstellation ihr Maximum. Eine weitere markante Intensivierung, erkennbar aus den synoptischen Feldern, war nicht mehr zu erwarten. Blockiert von einer im Norden liegenden Antizyklone nahm "Sandy" nun Kurs auf den Süden New Jersey.

© NASA’s Earth Observatory | Hurrikan "Sandy" kurz vor dem Landfall.
© NASA’s Earth Observatory | Hurrikan "Sandy" kurz vor dem Landfall.

In der Nacht zu Dienstag, dem 30. Oktober 2012 gegen 00:00, erfolgte der endgültige Übergang zu einem außertropischen Sturm. Zudem schwächte sich das System etwas ab. Dennoch erreichte "Sandy" weiterhin Winde in Hurrikanstärke (Mittel:140 km/h). Mit einem Kerndruck von 946 hPa erfolgte eine Stunde später der Landfall im Süden von New Jersey in der Nähe von Atlantic City. Der nationale ozeanische Dienst der USA erfasste eine Sturmflut von 3,6 m am Kings Point (New York) und etwa 2,5 Meter am Battery in New York sowie in Sandy Hook (New Jersey). 1 Stunde später stieg die Flut an den jeweiligen Messstellen auf 4 Meter an. In New York (JFK) erreichten Spitzenböen 128 km/h. Bis 04:00 MEZ füllte sich der Sturm weiter auf 952 hPa auf. Immer noch aber wurden maximale Winde in Hurrikanstärke registriert. In einem Umkreis von 780 km vom Zentrum erreichten die Winde die stärke eine tropischen Sturms. In Verbindung mit der Kaltluft setzten in den Appalachen starke Schneefälle ein.

Luftdruckverteilung zum Zeitpunkt des Landfalls in hPa. "Sandy" traf mit einem Kerndruck von 946 hPa an Land.
Luftdruckverteilung zum Zeitpunkt des Landfalls in hPa. "Sandy" traf mit einem Kerndruck von 946 hPa an Land.
Windverteilung zum Zeitpunkt des Landfalls in Knoten. Der Mittelwind erreichte stellenweise 86 km/h. Auf den Mt. Washington wurden 159 km/h gemessen.
Windverteilung zum Zeitpunkt des Landfalls in Knoten. Der Mittelwind erreichte stellenweise 86 km/h. Auf den Mt. Washington wurden 159 km/h gemessen.
Wellenhöhe zum Zeitpunkt des Landfalls in Dezimetern / ganzen Sekunden. Die Wellenhöhe erreichte teilweise mehr als 10 m.
Wellenhöhe zum Zeitpunkt des Landfalls in Dezimetern / ganzen Sekunden. Die Wellenhöhe erreichte teilweise mehr als 10 m.

Extreme Messwerte von "Sandy" in den USA im gesamten Einflusszeitraum

Spitzenböen (km/h)                   Niederschlagsmengen (mm)

Islip (New York)

Tompkinsville (New Jersey)

145            Easton (Maryland) 318,8
Surf City (New Jersey) 143   Wildwood Crest (New Jersey) 302,5

Tuckerton (New Jersey)

Montclair (New Jersey)

142   Middle Twp (New Jersey) 289,8

Newport (New Jersey)

Sandy Hook Nos Buoy (New Jersey)

140   Green Creek (New Jersey) 289,6

Westerly (Rhode Island)

138   Cavetown (Maryland)  283,2

Madison (Connecticut)

Plum Island (New York)

137   Greensboro (Maryland) 271,8

Cuttyhunk (Massachusetts)

135   Ridgely (Maryland) 271,3

Syosset (New York)

132   Ridge (Maryland) 263,2

Wellfleet (Massachusetts)

Dennisville (New Jersey)

Allentown (Pennsylvania)

130   Queenstown (Maryland) 261,4 

Datenquellen: NOAA/ National Weather Service, National Centers for Environmental Prediction, Hydrometeorological Prediction Center. Wasserstandsdaten: National Ocean Service, NOAA

 

© Welt der Synoptik | Autor: Denny Karran, geschrieben am 01.11.2012