LP Superzelle am 29.06.2012


Die Großwetterlage wurde zu dieser Zeit von einem Zentraltief um Schottland bestimmt, das vorderseitig einen Höhenrücken nach Mitteleuropa aufwölbte. Deutschland befand sich dort im Warmluftregime mit bis zu 22°C in 850hPa über Süddeutschland, die 20°C Isotherme erstreckte sich etwa von Karlsruhe über die Rhön bis Nordsachsen. Im Tagesverlauf bildete sich präfrontal einer Kaltfront im Warmluftregime eine Tiefdruckwelle ("Gewittersack").

Radiosondenaufstieg in Meiningen zum 29.Juni 2013 um 12UTC
Radiosondenaufstieg in Meiningen zum 29.Juni 2013 um 12UTC

Der Radiosondenaufstieg um 12UTC in Meiningen zeigte bereits eine sehr labile Luftmasse mit 1537J/kg MLCAPE. Die Luftmasse war leicht gedeckelt (24J/kg CIN), wobei die tatsächliche Inversion etwas ausgeprägter sein müsste, da sich sonst wesentlich großflächiger Gewitter hätten entwickeln müssen. Der Aufstieg zeigte bereits 30kn Geschwindigkeitsscherung, aber vor allem sehr ausgeprägte Richtungsscherung (90° Winddrehung). Das Gleichgewichtsniveau lag bei etwa 12.000m, wobei einzelne Gewitterzellen per "overshooting top" auch durchaus die 14km erreichen könnten. Mit Ostverlagerung des Jetstream erhöhte sich die Geschwindigkeitsscherung bis zum Abend auf etwa 50kn in der Mittelgebirgsregion der Rhön

Am späten Abend entwickelte sich gegen 20Uhr eine erste Gewitterzelle über der hessischen Rhön, die in Richtung Nordbayern rechts gegen die Höhenströmung ausscherte. Zu diesem Zeitpunkt habe ich auf 300m ü.NN im Landkreis Rhön-Grabfeld, Ort nahe Bad Neustadt an der Saale noch 28°C (Tmax 32°C) bei einem Taupunkt von etwa 19°C gemessen. Das Gewitter zeigte eindeutig Merkmale einer LP-Superzelle, zudem war Rotation eindeutig zu erkennen. Der Aufwind schraubte sich schraubenförmig an der Mesozyklone nach oben,  abseits war ein ausgeprägter Niederschlagssektor zu identifizieren.

Als sich die LP-Superzelle allmählich über der Nordrhön abschwächte, entwickelte sich über Bad Kissingen eine zweite Superzelle. Diese bewegte sich relativ nah an meinem Standpunkt, teilweise konnte ich nur den Amboss richtig ablichten.

Superzelle Nr.2 östlich von Bad Neustadt an der Saale
Superzelle Nr.2 östlich von Bad Neustadt an der Saale

Zu sehen ist der "back sheared anvil" der erwähnten zweiten Superzelle. An den Rändern des Ambosses sind klumenartige Auswüchse, sog. Knuckels zu erkennen. Diese sprechen für eine schnelle Ausdehnung des Ambosses durch einen sehr starken Aufwind.

@ infranken.de | Hagel in Bad Kissingen
@ infranken.de | Hagel in Bad Kissingen

Bei dieser Superzelle wurden in Bad Kissingen Hagelkörner mit etwa 3cm Korngröße dokumentiert, lokal dürfte aber noch wesentlich größerer Hagel gefallen sein. Bildquelle und Zeitungsbericht.


© Welt der Synoptik | Autor: Mike Rosin