Rekordhitze Anfang Juli 2015

Entwicklung der Hitzewelle in West- und Mitteleuropa
Ende Juni wurde stromabwärts einer langwelligen Austrogung über dem Nordostatlantik kontinentale Tropikluft nordafrikanischen Ursprungs von Südwest- über West- nach Zentraleuropa geführt. Bereits am 28. und 29. Juni stiegen die Höchstwerte auf der Iberischen Halbinsel auf 42 bis regional knapp 44°C. Am 30.06. wurden an einigen Stationen Frankreichs mit Temperaturen von zum Teil über 38°C neue Stationsrekorde für einen Junimonat aufgezeichnet. Spitzenreiter war Cazaux (Gironde) mit 40,2°C. Am 01. Juli wurden sogar in Südengland über 35°C beobachtet. In London-Heathrow konnte mit 36,7°C sogar ein neuer Julirekord für Großbritiannien aufgestellt werden. Aber auch an anderen brittischen Stationen wurden neue Julirekorde verzeichnet. Am 02. Juli erreichte die Rekordhitze schließlich den Westen Deutschlands. In NRW wurde gleich mehrmals die 38°C-Marke überschritten. Duisburg/Bearl und Geilenkirchen registrierten sogar neue Rekordwerte. Den Höhepunkt erreichte die Hitzewelle in Deutschland am 04. und 05. Juli (Abb. 1 und 2). In der aus der Westsahara beziehungsweise aus Marokko stammenden kontinalen Tropikluft wurden am 05.07.2015 in 850 hPa nach Auswertungen von Radionsondenaufstiegen im Südwesten Deutschlands 22 bis 24,6°C gemessen. Bei 10 bis 14 Sonnenscheinstunden erwärmte sich die recht trockene Luft entlang des Oberrheins und des Mains auf 38 bis 40°C. In Kitzingen wurde mit 40,3°C ein neuer absoluter Höchstwert für Deutschland ermittelt.
Ursachen der Rekordhitze
Großwetterlagen und Luftmassen bestimmen die Witterung in einer Region. Im Zeitraum der Rekordhitze war eine antizyklonale Südost-Großwetterlage und eine kontinentale Tropikluft nordafrikanischen
Ursprungs über Mitteleuropa wetterwirksam. Der Jetsream verlief dabei um einen hohen antizyklonalen Bogen (Omega-Muster) um Mitteleuropa herum. Solche meridionalen Lagen sind recht stabil und im
Sommer nichts ungewöhnliches. Ungewöhnlich aber war dagegen die Intensität der Hitze im Bezug auf die noch recht "junge" Sommerzeit. In der Vergangenheit traten in Deutschland Höchstwerte von
37°C und mehr vorzugweise Ende Juli oder im Monat August auf. In diesem Jahr aber war es anders. Der Grund ist unter anderem in der vorangegangenen Trockenzeit über Mittel- und auch
Norddeutschland zu suchen (Abb. 3 und 4). Große und intensive Hitzewellen folgen im Sommer häufig einer Dürrezeit. Trockene Böden begünstigen die Entstehung von hohen Temperaturen und
Hitzewellen, denn sie erwärmen sich aufgrund ihrer geringen Wärmekapazität und der schlechten Wärmeleitfähigkeit schneller auf höhere Temperaturen als nasse Böden. Fehlt zudem das Wasser im und
vor allem am Boden, so erfolgt auch keinerlei Verdunstungsabkühlung. Während bei der Verdunstung von Wasser der Umgebungsluft Energie entzogen wird, kann sich die Luft über trockenem Grund bei
einer windschwachen Strahlungslage ungehindert erwärmen. Unbewachsener Boden verschärft dabei sogar die Situation. Weiterhin befanden wir uns kurz nach Sonnenhöchststand, sodass wegen des steilen
Einfallsswinkels der Sonnenstrahlung noch immer eine hohe Energiemenge pro Quadratmeter zur Verfügung stand. All das führte zu einer kräftigen Erwärmung. Teilweise stiegen die Temperaturen
innerhalb nur einer Stunde in der Mittagszeit um 2 bis 3°C.
Temperaturen von 35°C und mehr treten hierzulande immer häufiger auf!
In den letzten Jahren, besonders ab den 90ern, wurde in den meteorologischen Sommermonaten immer häufiger die 20°C-Marke in 850 hPa über Deutschland erreicht beziehungsweise überschritten. Damit verbunden wird hierzulande auch immer öfter die 35°C-Marke in Bodennähe geknackt. Während es in den 80ern im Schnitt an 3 Tagen der Fall war, werden gegenwärtig (erste Dekade des 21. Jahrhunderts) an durchschnittlich 10 Tagen 35°C und mehr in der Bundesrepublik gemessen. Im Jahrundertsommer 2003 wurden sogar an mindestens 19 Tagen solche Extremwerte beobachtet. Im Sommer 2006 waren es 12 Tage und 2013 in der Summe 10 Tage.
Mit der vergangenen signifikanten Klimaerwärmung im letzten Fünftel des 20. Jahrhunderts sind die 850-hPa-Temperaturen im meteorologischen Sommer deutschlandweit um rund +0,5°C gestiegen (Datensatz: NCEP/NCAR Reanalysis V1 | Vergleichsperioden: 1961/1990 und 1981/2010). Damit lässt sich die markante Zunahme sehr heißer Tage in Deutschland jedoch nicht erklären.
Der Grund liegt wohl in der Zunahme warmer meridionaler Großwetterlagen im Sommer. Diese bringen mit südlichen Winden tropische Luftmassen nordafrikanischen Ursprungs nach Mitteleuropa. In dieser
steigen unter Hochdruckeinfluss die bodennahen Temperaturen auf über 35°C. Vergleicht man beispielsweise die 80er mit der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts, so wird im Sommer ein
Geopotentialanstieg über Mittel- und Osteuropa bei einem gleichzeitigen Potentialrückgang über dem Nordatlantik (Abb. 5) erkennbar. Dabei sind die größten Potentialänderungen in den Monaten Juni
und Juli zu finden. Aus dieser Konstellation resultiert wohl eine Häufung warmer meridionaler Großwetterlagen (wie die OMEGA-Lage) sowie ein enormer Anstieg der Maximaltemperaturen in
Zentraleuropa in den letzten 30 Jahren. So sind auch die durchschnittlichen Tageshöchsttemperaturen der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts besonders in der Mitte und im Süden Deutschlands um
2,5°C bis örtlich 5°C (Alpenvorland und Alpenraum) höher als in den 80ern (Abb. 6). Ob die Anzahl der sehr heißen Tage in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird, ist unbekannt. Momentan aber
gehören sie zu unserem Sommer wie der Frost zum Winter.
Autor: Denny Karran | Veröffentlicht: am 15.07.2015 | © Welt der Synoptik
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